Objekt des Monats 10/2023

Das zweischalige Hyperboloid, eine geometrische Form in der Mathematik, ist eine Fläche zweiter Ordnung. Um sich daraus einen Körper zu denken, rotiert man eine Hyperbel um ihre Hauptachse. Dabei entstehen zwei getrennte Flächenstücke (im Modell als Körper), wobei im Falle des Berliner Modells das obere Flächenstück (der obere Körper) fehlt. Die Skizze in Abbildung 2 aus Meyers Großes Konversations-Lexikon von 1905 zeigt ein zweischaliges Hyperboloid mit den Achsen, wobei die im Bild dargestellte senkrechte Achse die Hauptachse ist.

Interessant ist der Ursprung dieses Modells. Hergestellt wurde es von der Firma Rudolf Stoll K.G. Berlin. Sie befand sich in der Oderbruchstraße 8-14, also im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Die Firma übernahm nicht nur die Herstellung, sondern auch den Vertrieb der Lehrmodelle.
Entwickelt wurden die Lehrmittel am II. Mathematischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin unter Leitung von Professor Dr. Kurt Schröder (1909–1978). Er hatte den Lehrstuhl für Angewandte Mathematik inne und war auch Direktor des Instituts. In der ersten Hälfte der 1960er Jahre war er zudem Rektor der Humboldt-Universität.
Die Modelle der Firma Stoll lassen sich in einer Entwicklungslinie mit den seit den 1880er Jahren hergestellten mathematischen Modellen von Brill, Schilling und Wiener betrachten. Sie erschienen in einer Zeit, als ihr Einsatz in der mathematischen Lehre bereits durch andere Medien erfolgte. Trotzdem wurden sie hergestellt und vertrieben, und darüber hinaus auch regelmäßig eingesetzt.

Spuren der Firma Stoll finden sich heute nur wenige. Bis auf die in einigen mathematischen Sammlungen anderer Universitäten (z.B. TU Dresden oder Universität Marburg) nachweisbaren Modelle, existiert noch der Katalog „Lehrmodelle für Mathematik“ der Rudolf Stoll K.G. Berlin No. 18, der dreisprachig in Deutsch, Englisch und Französisch erschien. Gegliedert sind die dort gezeigten Modelle in Lehrmittel für Elementarmathematik, für Geometrie und für Analysis. Unser Modell findet sich unter der Nummer „Modell 224/114“ mit dem Hinweis, dass „ein zweischaliges Hyperboloid“ gezeigt wird. Das Gewicht beträgt 2 Kilogramm. Die Maße sind 20 x 16 x 30 cm.
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass solche Verkaufskataloge keine klassischen Sammelobjekte von Bibliotheken sind. Sie sind deshalb sehr rar und oft nur durch Zufall erhalten. Die Preisliste zum Katalog der Firma Stoll ist nicht digital zu finden. Ob sich irgendwo ein Exemplar erhalten hat, wissen wir nicht.
Dr. Oliver Zauzig
Links:
Mathematische Modelle am Institut für Mathematik: https://www.mathematik.hu-berlin.de/de/sammlung-mathematik und https://www.sammlungen.hu-berlin.de/sammlungen/mathematische-modelle/
Mathematik und ihre Didaktik (abgeschlossenes Projekt zur Sammlung): https://didaktik.mathematik.hu-berlin.de/de/projekte/abgeschlossen/mathematische-modelle/modellhersteller-fa-rudolf-stoll
Zweischaliges Hyperboloid (Stoll) der Mathematische Modellsammlung der HU im Digitalen Archiv mathematischer Modelle: https://mathematical-models.org/de/models/1064
Mathematische Modelle auf der Projektseite Materielle Modelle: http://www.universitaetssammlungen.de/modelle/suche/art/Mathematische+Modelle
Digitalisierter Katalog „Lehrmodelle für Mathematik“ in den Digitalen Sammlungen der SLUB Dresden: https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/90059/1
Hyperboloīd in Meyers Großes Konversations-Lexikon: http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Hyperboloīd