Bildwelten des Wissens – Band 20
Instruktive Bilder: Visuelle Anleitung praktischer Fertigkeit
Herausgegeben von Paul Brakmann und Lea Hilsemer
gemeinsam mit der Forschungsstelle „Das Technische Bild“.
Ob im Kochbuch, im Flugzeug, in der Fabrik oder im Labor – instruktive Bilder sind omnipräsent. Sie explizieren, vermitteln und speichern Wissen über Körper, Materialien und Prozesse: Schematisch machen sie räumliche Dispositionen, Bewegungen, zeitliche Abläufe oder Gesten der Handhabung anschaulich und fordern zum Nachmachen auf. Dieser Band untersucht ihre zentrale Funktion als Vermittler praktischer Kenntnisse und beschreibt ihre Entwicklung im Kontext gesellschaftlicher, technologischer und medialer Transformationsprozesse. Interdisziplinäre Beiträge diskutieren im historischen Längsschnitt ästhetische, kommunikative und politische Aspekte dieses so vielfältigen wie wenig beachteten Feldes visueller Kultur.
Paul Brakmann und Lea Hilsemer (Hg.)
Bildwelten des Wissens Band 20
Instruktive Bilder: Visuelle Anleitung praktischer Fertigkeit
Berlin, Boston: dG Arts, 2024.
Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 (Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International) https://doi.org/10.1515/9783689240189
Paul Brakmann und Lea Hilsemer (Hg.), Bildwelten des Wissens Band 20 Instruktive Bilder: Visuelle Anleitung praktischer Fertigkeit
Buchvorstellung und Fishbowl-Gespräch anlässlich der Veröffentlichung von ‚Rest in Plastic‘.
Synthetische Materialien wie Kunststoffe, aber auch Beton und sogar Aluminium, werden oft nicht als wertvoll angesehen und daher in der Regel aus dem Nachdenken über Kulturerbe ausgeschlossen. Ethnologische Museumssammlungen enthalten wenige synthetischen Materialien, was auf den Ursprung der Sammlungen in der Kolonialzeit zurückzuführen ist, aber auch auf die westliche Wahrnehmung dieser Materialien als unauthentisch und nicht in nicht-westlichen sozialen Kontexten beheimatet. Über Kunststoffe und ähnliche Materialien in diesen Sammlungen wurde bisher nur wenig geschrieben, während es einige Arbeiten zur Konservierung von Kunststoffen in Sammlungen gibt, die zeigen, dass diese, anders als man es von diesen unvergänglichen Materialien erwarten würde, recht schwer zu erhalten sind.
Anlässlich der Vorstellung des Buches „Rest in Plastic: Death, time and synthetic materials in a Ghanaian Ewe community“ (Berghahn 2024) der Sozial- und Kulturanthropolog*in Isabel Bredenbröker findet eine partizipative Diskussionsrunde statt, bei der Isabel Bredenbröker mit der Anthropologin Saskia Abrahms-Kavunenko, die Kuratorin Elisabeth Heyne, dem Materialwissenschaftler Bright Asante und der Industriedesignerin Heidi Jalkh spricht. Die Gesprächsteilnehmer*innen stellen ihre Arbeit in Bezug auf synthetische Materialien vor und erörtern, inwiefern ihre Erkenntnisse die Vorstellung von Kunststoffen als schwieriges oder willkommenes Erbe betreffen. Das Gespräch lädt das Publikum ein, sich zu beteiligen, indem es einen leeren Stuhl für Fragen und Kommentare zur Verfügung stellt.
Bestätigte Teilnehmende: Saskia Abrahms Kavunenko (Humboldt-Universität zu Berlin, in.herit-Fellow).
Heidi Jalkh (assoziiertes Mitglied von Matters of Activity, Ko-Kuratorin von Matters of South / Kunstgewerbemuseum, experimentelle Industriedesignerin).
Elisabeth Heyne (Museum für Naturkunde, Sammlung Natur der Dinge).
Bright Asante (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM).
Moderation: Magdalena Buchczyk (Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt Universität zu Berlin).
Über das Buch: In Peki, einer Ewe-Stadt in der ghanaischen Volta-Region, ist der Tod ein öffentliches Thema. Durch mit synthetischer Tinte auf PVC gedruckte Begräbnisbanner, öffentliche Aufbahrungen, zementierte Gräber und Kränze aus Plastik nimmt der Tod einen wichtigen Platz in der Welt der Lebenden ein. Rest in Plastic gibt einen Einblick in die lokalen Verstrickungen von Tod, synthetischen Materialien und Macht in der Gemeinschaft der Ewe. Es wird gezeigt, wie verschiedene Materialien und Dinge, die die Machtverhältnisse prägen, in einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Staat und lokaler Verwaltung, Verwandten und Fremden, Tod und Leben, Unsichtbarem und Sichtbarem, Bewegung und Eindämmung existieren.
Alia Rayyan: Praxis der Risse – eine trans- und interdisziplinäre Untersuchung sozial engagierter Kunstinterventionen in Ost-Jerusalem, erschienen im Sammelband „Double bind postkolonial. Kritische Perspektiven auf Kunst und Kulturelle Bildung“, herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat.
Alia Rayyan befasst sich in diesem Beitrag mit Fragen zur Anwendung von sozial engagierter und partizipatorischer Kunst als emanzipatorische Kunstform im öffentlichen Raum unter Berücksichtigung spezifischer lokaler Bedingungen. Basierend auf ihrer trans- und interdisziplinären Untersuchung, um Erfahrungen als Kuratorin von sozial engagierten Kunstinterventionen in Ost-Jerusalem in eine theoretische Diskussion zu übersetzen, werden gesammelte Herausforderungen und alternative Ansätze mit angewandten, kanonisierten Theorien der partizipatorischen Kunstpraxis und deren Terminologien kontrastiert. Das Ergebnis ist eine Diskussion, die soziologische Ansätze, Überlegungen aus der Kunstwissenschaft, der Erinnerungswissenschaft, der politischen Ideengeschichte sowie der Postcolonial Studies miteinander verbindet, ohne dabei den double bind der Autorin aus den Augen zu verlieren.
Double bind postkolonial. Postkoloniale Perspektiven im Kunstbetrieb und in der Kulturellen Bildung – Sammelband – herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat.
Double bind postkolonial. Postkoloniale Perspektiven im Kunstbetrieb und in der Kulturellen Bildung – Sammelband – herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat. transcript Postcolonial Studies
Die Beiträge des Bandes beleuchten die Verantwortung der Kunst und Kunstvermittlung aus einer explizit postkolonialen Perspektive. Der Fokus liegt dabei auf dem »double bind«, der das Feld durchzieht und sich äußert in einer dilemmatischen Position zwischen Subversion und Affirmation. Dabei werden sowohl diskriminierende Praxen im Feld entlarvt als auch eine (auto-)kritische Theorieentwicklung vorangetrieben.
Mit Beiträgen von Gayatri Chakravorty Spivak, Nikita Dhawan, Ruth Sonderegger, Hayat Erdoğan, Aicha Kaleko, Sandra Babli, Joy Kristin Kalu, Anja Quickert, Thu Hoài Tran, Sruti Bala, Sab Naq, Tasnim Baghdhadi, Alia Rayyan, Carla Bobadilla, Carmen Mörsch, Mai-Anh Boger, Nina Simon, Nicole Suzuki, Rajkamal Kahlon
Das internationale Kulturprojekt Mindscapes endet mit der Publikation ‘Das resonante Museum’, einem Booklaunch im Gropius Bau und dem Launch seines Online-Archivs.
Nach zwei Jahren Projektlaufzeit endet das internationale Kulturprojekt Mindscapes. Finanziert vom britischen Wellcome Trust beschäftigte sich das Projekt mit der Frage, wie Kultur zu einer Veränderung beitrage kann, wie mentale Gesundheit verstanden und definiert wird, wie damit umgegangen wird, und über sie gesprochen wird. In enger Kooperation mit dem Gropius Bau wurde das Projekt am HZK kuratorisch und wissenschaftlich von Dr. Margareta von Oswald betreut.
Abschließend erscheint die Publikation ‘Das resonante Museum. Berliner Gespräche über mentale Gesundheit’ im Verlag der Buchhandlung Franz und Walther König auf deutsch und englisch.
Die Grundlage für dieses Buch ist das Gespräch über mentale Gesundheit. Die Gespräche sind eine Momentaufnahme aus den Jahren 2021 und 2022 in Berlin. Personen aus Wissenschaft, Kultur, Politik und aktivistischen Kontexten äußern sich und zeigen auf: Wenn über mentale Gesundheit gesprochen wird, wird über Gesellschaft gesprochen. Diese Gespräche entstanden im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Gropius Bau und Mindscapes, dem internationalen Kulturprogramm zum Thema mentale Gesundheit von Wellcome. Einleitende Texte diskutieren Öffnungsprozesse im Museum, und stellen die Frage, wie Museen zu gesellschaftswirksamen Orten werden können.
Außerdem haben wir in den letzten Monaten intensiv am internationalen Archiv des Projekts gearbeitet. Dieses ist nun online verfügbar auf www.mindscapes.community
Die EAA (European Association of Archaeologists) vergibt jährlich den EAA-Buchpreis, um aktuelle Veröffentlichungen von EAA-Mitgliedern zu würdigen. Bis zum Stichtag 28. Februar 2023 gingen insgesamt 49 Nominierungen ein. Das Komitee zur Auswahl des Buchpreises hat zehn Publikationen in die engere Auswahl genommen, die es weiter bewerten wird. Der Gewinnertitel wird bei der Eröffnungszeremonie der 29. EAA-Jahrestagung in Belfast, Nordirland, bekannt gegeben. Die Publikation „Heritage Futures“ befindet sich in der engeren Auswahl für den EAA Buchpreis 2023: Website des EAA Book Prize 2023.
Heritage Futures: Comparative Approaches to Natural and Cultural Heritage Practices
von Rodney Harrison, Caitlin DeSilvey, Cornelius Holtorf, Sharon Macdonald, Nadia Bartolini, Esther Breithoff, Harald Fredheim, Antony Lyons, Sarah May, Jennie Morgan, und Sefryn Penrose.
UCL Press 2020, Open Access.
Nähere Informationen und den kostenlosen Download der Publikation finden Sie auf der Website von UCL Press.
Buchczyks Monografie Weaving Europe, Crafting the Museum bietet neue Einblicke in die wenig bekannte Sammlung des Museums Europäischer Kulturen (MEK) in Berlin. Sie erforscht die Geschichte und den Wandel der materiellen Kultur in Europa anhand der Geschichten eines Korbes, eines Teppichs, einer Weste, einer Uniform und eines Kleides. Der Fokus auf die Objekte des MEK bietet eine innovative und herausfordernde Art, Textilkultur und Museen zu verstehen. Das Buch zeigt, dass Textilien gleichzeitig als materieller Forschungsgegenstand und als Objektiv, durch das sich Museen betrachten lassen, verwendet werden können. Auf diese Weise schließt die Publikation eine Forschungslücke, indem es das Wissen über Textilien wieder ins Museum zurückbringt.
Jedes Kapitel konzentriert sich auf eine Objektgeschichte und kann einzeln gelesen werden. Von den Wachsfigurenkabinetten des 19. Jahrhunderts über die Sammlungen des Nationalsozialismus, die Ausstellungen des Kalten Krieges in Ost- und West-Berlin bis hin zu den institutionellen Umschichtungen nach der deutschen Wiedervereinigung wird die sich dramatisch verändernde Geschichte des Museums und seiner Sammlung aufgezeigt. Auf der Grundlage von Recherchen mit Museumskurator*innen, Hersteller*innen und Nutzer*innen der Textilien in Italien und Deutschland, Polen und Rumänien bietet die Monografie intime Einblicke in die Art und Weise, wie Objekte für sehr unterschiedliche soziale und politische Effekte mobilisiert werden. Es wirft ein neues Licht auf die grenzüberschreitenden Bewegungen, die politische Verwendung von Textilien durch faschistische und kommunistische Regime, dem Vergessen und dem kulturellen und touristischen Nachleben von Objekten. Das Buch befasst sich mit diesem komplexen musealen Erbe und zeigt neue Wege auf, um die Zukunft zu gestalten.
Über die Autorin: Magdalena Buchczyk ist Juniorprofessorin für Sozialanthropologie mit Schwerpunkt auf kulturellen Ausdrucksweisen an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihr ethnographischer Forschungsbereich umfasst Sammlungen, materielle Kultur und immaterielles Erbe.
Viktoria Tkaczyk ist Professorin für Medien und Wissen im Fachgebiet Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.
Thinking with Sound unternimmt eine Historisierung der auditiven Neurowissenschaften, ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das derzeit stark expandiert. Das Buch zeichnet nach, wie die Identifizierung des auditiven Cortex in der Neuroanatomie der 1860er Jahre sehr verschiedene Disziplinen zu neuen Theorien eines „Denkens in Klangbildern“ inspirierte.
Ferdinand de Saussure interpretierte das „akustische Bild“ als Schlüssel zur menschlichen Sprache, Sigmund Freud näherte sich der menschlichen Psyche über das auditive Unbewusste an, für Henri Bergson bewiesen imaginäre Klänge die Unabhängigkeit des Geistes von der physischen Wahrnehmung, Ernst Mach erklärte das vergleichende Hören zur zentralen Methode der Experimentalphysik, Carl Stumpf ging von kulturell geprägten Tonvorstellungen aus und nutzte diese für kulturvergleichende Studien.
In seinen verschiedenen Ausprägungen verband der Topos eines „Denkens in Klangbildern“ an der Wende zum 20. Jahrhundert eine akademische Landschaft, die sich in zunehmend spezialisierte Forschungsbereiche aufspaltete. Dabei übten geistes- und naturwissenschaftliche Fachgebiete einen buchstäblich disziplinierenden Einfluss auf die Sprech-, Hör- und Denkweisen ihrer Zeit aus – gestützt auf zahlreiche neue Medientechnologien, aber auch eng verbunden mit kolonial-, imperial- und nationalpolitischen Programmen.
Reste fordern die Institution des Museums heraus. Sie sind Kippfiguren, die an Überschreitungen der taxonomischen, disziplinären, architektonischen und institutionellen Grenzen des Museums mitarbeiten. Sie sind überall anzutreffen – im Ausstellungsraum, im Depot, im Labor, in der Verwaltung. In jedem dieser Kontexte stehen andere Formen des Wissens und des praktischen Umgangs zur Verfügung, die den Status von Resten determinieren. Die Differenzierung von Wertgegenstand und Abfall betrifft das Selbstverständnis der Institutionen und die Entscheidung darüber, wann und unter welchen Bedingungen etwas erhaltenswert ist. Die Kategorie der „Reste“ zeigt, dass eine solche Trennung der Grundidee des Museums zuwiderläuft. Mit dem Rest existiert ein begriffliches Werkzeug, das Sammlungen und ihre Gegenstände im Hinblick auf ihre Veränderlichkeit und Instabilität erfassen kann und hilft, sie für Debatten in Konservierung, Kuration, Kunstgeschichte und Museumsanthropologie neu zu bewerten.
Autor*innen: Horst Bredekamp, Eva Dolezel, Diana Stört, Marcus Becker, Meike Knittel und Sarah Wagner.
Die Sammlungsgeschichte der Brandenburgisch-Preußischen Kunstkammer von den Anfängen um 1600 bis heute ist eine Überlieferung von globalen Verflechtungen und Sammelpraktiken. Im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Das Fenster zur Natur und Kunst“ wurden nun exemplarisch die vielschichtigen Herkunftsgeschichten der Objekte, ihre sich permanent ändernden Sinnzuschreibungen und ihre Wege in die Berliner Museen erforscht: In welcher Weise gelangten die Objekte in die Sammlung? Aus welcher Motivation heraus wurden Artefakte und Naturalien aus aller Welt gesammelt? In welche Kontexte wurden sie gestellt? Und wie werden ihre Zuschreibungen aus heutiger Sicht bewertet?
Weitere Forschungsergebnisse sind einsehbar auf der im Dezember 2022 veröffentlichten Onlineplattform berlinerkunstkammer.de.
Irene Hildens Dissertation über das Berliner Lautarchiv ist bei Leuven University Press in englischer Sprache erschienen.
Die Arbeit fokussiert Tonaufnahmen, die unter kolonialen Bedingungen produziert wurden. Sie untersucht Klangobjekte und Hörpraktiken, die “absent presences” kolonialer Subjekte aufzeigen, denen in den etablierten nationalen Erzählungen und kollektiven Erinnerungen wenig oder gar kein Platz eingeräumt wird.
Irene Hilden ist Postdoktorandin am Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage (CARMAH) der Humboldt-Universität zu Berlin.