Autor*innen: Horst Bredekamp, Eva Dolezel, Diana Stört, Marcus Becker, Meike Knittel und Sarah Wagner.
Die Sammlungsgeschichte der Brandenburgisch-Preußischen Kunstkammer von den Anfängen um 1600 bis heute ist eine Überlieferung von globalen Verflechtungen und Sammelpraktiken. Im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Das Fenster zur Natur und Kunst“ wurden nun exemplarisch die vielschichtigen Herkunftsgeschichten der Objekte, ihre sich permanent ändernden Sinnzuschreibungen und ihre Wege in die Berliner Museen erforscht: In welcher Weise gelangten die Objekte in die Sammlung? Aus welcher Motivation heraus wurden Artefakte und Naturalien aus aller Welt gesammelt? In welche Kontexte wurden sie gestellt? Und wie werden ihre Zuschreibungen aus heutiger Sicht bewertet?
Weitere Forschungsergebnisse sind einsehbar auf der im Dezember 2022 veröffentlichten Onlineplattform berlinerkunstkammer.de.
Irene Hildens Dissertation über das Berliner Lautarchiv ist bei Leuven University Press in englischer Sprache erschienen.
Die Arbeit fokussiert Tonaufnahmen, die unter kolonialen Bedingungen produziert wurden. Sie untersucht Klangobjekte und Hörpraktiken, die “absent presences” kolonialer Subjekte aufzeigen, denen in den etablierten nationalen Erzählungen und kollektiven Erinnerungen wenig oder gar kein Platz eingeräumt wird.
Irene Hilden ist Postdoktorandin am Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage (CARMAH) der Humboldt-Universität zu Berlin.
Die Kulturwissenschaftlerin Britta Lange erforschte Tonaufnahmen von männlichen Kriegsgefangenen aus dem Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin, angefertigt in deutschen Lagern, von Wissenschaftlern der Königlich Preußischen Phonographischen Kommission während des Ersten Weltkriegs. In diesem Buch geht sie jenen Stimmen nach, die heute auf Schellackplatten erhalten sind. Jedes Kapitel stellt dabei eine neue Begegnung dar und wirft vielschichtige Fragen auf: Wie können die historischen Zeugnisse heute nicht nur gehört, sondern auch erhört werden? Und welche Formen der Übersetzungen fordern sie heraus? In mehrfacher Hinsicht gefangen offenbaren die Stimmen in dieser umfangreichen Studie nicht nur ihre historische Gemachtheit als Tonaufnahme, sondern sie sind auch in der Lage, gegenwärtige Deutungen von archivarischer und wissenschaftlicher Praxis zu reflektieren.
Das Buch Gefangene Stimmen von Britta Lange ist ab sofort auch in englischer Sprache als eBook unter dem Titel Captured Voices erhältlich, in einer vom Deutschen Übersetzungsfonds geförderten Übersetzung von Rubaica Jaliwala.
Kältebilder. Ästhetik und Erkenntnis am Gefrierpunkt (Hg. Matthias Bruhn)
Bildwelten des Wissens – Band 17 Herausgegeben von Katja Müller-Helle, Claudia Blümle, Horst Bredekamp und Matthias Bruhn
Als Mittel der Konservierung ist Kälte seit alters her von fundamentaler Bedeutung für die menschliche Kultur, doch erst mit dem Industriezeitalter wurden Verfahren künstlicher Kühlung ersonnen, die heute selbstverständlich sind. Mit ihr gingen neue Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung einher. Die gefrorene Bewegung wurde zur Metapher der verlangsamten Aufzeichnung. Ohne Kryotechnik gäbe es auch keine modernen Rechen- und Bildgebungsprozesse. Derartige Formen eiskalter Beobachtung stehen andererseits Sichtbarkeitsverluste durch Frost oder Niederschlag gegenüber, so wie die künstliche Absenkung von Temperaturen gerade durch ihren Energieverbrauch den Klimawandel weiter anheizt. Die Kühltechnik erreicht in jeder Hinsicht neue Tiefst- und Höchstmarken – mit umfassenden Folgen für das Wissen und die Wahrnehmung.
Mit dem Buchtitel „Eine Frage der Perspektive“ werden mehrere hochaktuelle Themen gleichzeitig angesprochen: Zum einen verhandelt der Band den Erkenntnisgewinn aus einem Objekt durch dessen reine Betrachtung, zum anderen hilft gerade der Perspektivwechsel auf ein Objekt dabei, wissenschaftliche Arbeitshypothesen und Theorien zu formulieren. Der Band illustriert, wie die Sichtweisen von heute berücksichtigt werden, wenn alte Objekte und deren Sammlungskontexte unter neuen ethischen und moralischen Wertevorstellungen untersucht werden. So gesellen sich zu den klassischen Objektthemen in diesem Band auch der Blick der Provenienzforschung, die künstlerische Objektauseinandersetzung, die autoethnographische Objektbeschreibung und die Frage, wie weit der Begriff eines musealen Objekts überhaupt gefasst werden kann und wie entsprechend eine Kategorisierung und Benennung erfolgen sollte. Besonders die hier enthaltenen Objektgeschichten schlagen den großen Bogen von den Forschungsinhalten zu deren Vermittlung. Dieser Band vereint elf Beiträge von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern aus den Bereichen Museologie, Archivkunde, Ethnologie, Physik-, Medizin- und Theatergeschichte, Humananatomie, Mathematikdidaktik, Geologie, Paläontologie und aus der Freien Kunst. Sie alle haben die Betrachtung von Sammlungsobjekten aus verschiedenen Perspektiven zum Inhalt. Die Beiträge zeigen deutlich, dass Objekte Wissenschaft hervorragend transportieren können, oft anschaulicher, als es Texte oder Bilder vermögen. Objektbasierter Wissenstransfer fördert eine gegenständliche und damit oft einfacher verständliche Wissenschaft. Diese Klammer vom Objekt über die Forschung zur Reflexion über Forschung ist die Stärke dieses fünften Bandes zum Jungen Forum für Sammlungs- und Objektforschung.
Autoren:
Frank D. Steinheimer Waltraud Mudrich Sarah Fetzer Daniel Falk Michael Stache Anja Weber Sophia Gräfe Julia Bärnighausen Henrike Stein Beate Eismann Leonie Braam Hannes Junker Sara Müller Johanna Lessing
Was sind aktive Materialien? Dieses Buch zielt darauf ab, Konzepte von Materie einzuführen und neu zu definieren, indem Materialien als Entitäten betrachtet werden, die ihre Umgebung „spüren“ und auf sie reagieren. Durch die Untersuchung der Modellierung, der Experimente und der Konstruktion dieser Materialien sowie durch die Entwicklung einer Theorie ihrer Struktur, ihrer kollektiven Aktivität und ihrer Funktionalität wird in diesem Band ein neuartiger wissenschaftlicher Ansatz für aktive Materialien aufgezeigt und entwickelt. Aufsätze zur Geschichte und Philosophie der Metallurgie, der Chemie, der Biologie und der Materialwissenschaft stellen diese verschiedenen Ansätze zu aktiven Materialien in einen historischen und kulturellen Kontext.
Die in diesem Band enthaltenen Interviews mit Experten aus den Naturwissenschaften entwickeln ein neues Verständnis von „aktiver Materie“ und aktiven Materialien in Bezug auf eine Reihe von Forschungsobjekten und aus der Perspektive verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, darunter Biologie, Physik, Chemie und Materialwissenschaften. Ergänzt werden diese Erkenntnisse durch Beiträge zur Aktivität von Materie und Materialien aus den Geisteswissenschaften und dem Designbereich.
Diskutiert die Mechanismen aktiver Materialien und ihre verschiedenen Konzeptualisierungen in der Materialwissenschaft.
Definiert die Vorstellungen von aktiven Materialien durch Interviews mit Experten aus den Naturwissenschaften neu.
Kontextualisiert, historisiert und reflektiert unterschiedliche Vorstellungen von Materie/Materialien und Aktivität durch Beiträge aus den Geisteswissenschaften.
Ein hochgradig interdisziplinärer Ansatz zu einem hochaktuellen Forschungsthema, mit Beiträgen aus den Natur- und Geisteswissenschaften.
Autoren:
Peter Fratzl Karin Krauthausen Michael Friedman Wolfgang Schäffner
Das Open Access eBook wurde am 20. Dezember 2021 veröffentlicht und ist hier erhältlich. Das Taschenbuch kann ebenfalls über die De Gruyter Homepage bestellt werden.
Digitaler Launch des Buch-als-Ausstellung zwischen körpern
Am 19.03.2021 feiert die Kleine Humboldt Galerie den Launch bzw. die Vernissage von zwischen körpern, dem Buch-als-Ausstellung!
Über einen Livestream können Besucher*innen ab 14 Uhr in Videoarbeiten eintauchen, Führungen von Kurator*innen und Grafiker*innen der Ausstellung und Publikation mitmachen, bei einem Gespräch mit dem Berliner K. Verlag dabei sein und vieles mehr.
Programm 15.00 Uhr / Q&A mit dem K. Verlag 16.00 Uhr / Kurator*innenführungen 16.45 Uhr / Video-Stream von Carolina Caycedo 17.15 Uhr / Video-Stream von Marco Buetikofer und Lotte Meret 17.30 Uhr / Video-Stream von Kirstin Burckhardt 18.00 Uhr / Video-Stream von Theresa Schubert 18.30 Uhr / Cocktails 🍸 19.00 Uhr / Pub Quiz 20.30 Uhr / Sin Maldita A/V Performance
Ausstellung zwischen körpern Eine Ausstellung im Format eines Buches – vom 19. März 2021 bis zum 30. April 2021.
zwischen körpern verhandelt den physischen Körper als Start- und Endpunkt, in den sich die Gesellschaft einschreibt. Dabei werden verschiedene Kontrollmechanismen untersucht, die ganz unterschiedlich auf diverse Körper einwirken. Die Wirkkraft und Erfahrbarkeit von Kontrolle auf und am Körper steht im Fokus: Körper werden bewusst oder unbewusst durch historische und soziale Umstände modelliert und auch kontrolliert. Der Körper wird als Austragungsort politischer Kämpfe verstanden, weshalb Emanzipationsstrategien und Selbstermächtigungsprozesse eine zentrale Rolle einnehmen. Inwiefern sind das Fleischliche und neue Technologien miteinander verwoben und welche Rolle spielen dabei Intimität und soziale Zwänge? Elf zeitgenössische Positionen untersuchen diese komplexen Dynamiken mittels Skulptur, Rauminstallation, Video, Fotografie und Performance. Körperlichkeit wird wie auch bei der Auswahl der Kunstwerke aus einer dekolonialen und intersektional-feministischen Perspektive reflektiert und kritisch hinterfragt.
Publikation zwischen körpern / among bodies
Wie unsere Körper sehen, gesehen werden und sich zu anderen Körpern verhalten, ist unweigerlich politisch. Den Körper zu bewegen, trägt immer Bedeutung – so wie auch Bedeutung immer in Bewegung ist.
Das Buch-als-Ausstellung präsentiert zehn Positionen zeitgenössischer Kunst, die die komplexen und intimen Dynamiken, die unsere Körper mit neuen Technologien, sozialen Zwängen, aber auch dem Drang zur Befreiung in Berührung bringen, untersuchen. Als kuratorisches Experiment mit der Mikroarchitektur des Buches, initiiert das Projekt spannende Relays von Skulpturen, Rauminstallationen, Arbeiten in Video, Fotografie und Performance auf Papier und eröffnet Reflexionen aus dekolonialer und intersektional-feministischer Perspektive.
Buchkonzept: Kleine Humboldt Galerie Kuratorisch-redaktionelles Team: Franziska Dommers, Lotta Feibicke, Nikolas Geier, Eileen Kesseler, Patricia Kühn, Anna Latzko, Monique Machicao y Priemer Ferrufino, Sarah Marcinkowski, Katharina Ripea, Evelyn Sutter, Nicole Wittmann, und Yuanwen Zhong. Mit Arbeiten von Kirstin Burckhardt, Marco Buetikofer, Carolina Caycedo, Stine Deja, Lotte Meret Effinger, Ester Fleckner, Yngve Holen, Luisa Krautien, Michael Liani, Theresa Schubert und Zuzana Svatik, zusätzlichen Texten von Michaela Dudley, Felix Sattler und anderen sowie einem Glossar der Kuratoren. Gestaltung: K. Verlag mit Ginny Rose Davis und Megan Ricca
Deutsch & Englisch Wendebuch / turning book 196 Seiten 20 x 29,7 cm Schwarz/weiß mit lila Pantone-Schmuckfarbe & vollfarbigem Bildteil Softcover, Schweizer Bindung ISBN 978-3-947858-22-4 https://k-verlag.org/books/zwischen-korpern-among-bodies
Technische Bildzensur ist omnipräsent und gleichzeitig unsichtbar. Content Moderation in sozialen Medien und automatische Löschungen durch Algorithmen schaffen einen neuartigen Zusammenschluss menschlicher und nicht-menschlicher Akteure, die bildethische und juridische Verschiebungen im Feld der Sichtbarkeit anstoßen. Hatten tradierte Institutionen der Zensur durch gesetzliche und religiöse Normen den Wirkungskreis gefährlicher Bilder reguliert, sind es heute automatisierte, von internationalen Konzernen kontrollierte Mechanismen, die sozio-technische Skripte der Bildlöschung steuern. In der Öffentlichkeit technischer Bildwelten werden Sichtbarkeitsmarker der Löschung – wie Zensurbalken oder Verpixelung – von Upload-Filtern, Content Moderatoren oder Deepfakes abgelöst. In dieser Experimentalphase der Digitalmoderne wird in technischer, sozialer, juridischer und bildtheoretischer Hinsicht noch einmal neu verhandelt, welche Bilder im Datenstrom zirkulieren, aus dem Blickfeld verschwinden oder nie ins Licht der Öffentlichkeit gelangen.
Zur Ausstellung Oliver Thie: Die Wahrheit über den Ursprung der Welt ist der Begleitband erschienen.
Seit über zweihundert Jahren lagert im Berliner Museum für Naturkunde eine Sammlung von unscheinbaren grauen Basaltbrocken. Sie sind Zeugnisse einer im 18. Jahrhundert hitzig geführten Kontroverse über die Entstehung der Erde, dem sog. Basaltstreit. Oliver Thie hat sie im interdisziplinären Dialog mit Wissenschaftler_innen der Humboldt-Universität und des Museums für Naturkunde künstlerisch erforscht. Indem Oliver Thie Aufzeichnungstechniken historischer Messinstrumente mit Schattenprojektionen verknüpfte, entwickelte er eine ganz eigene bildnerische Methode zur Fixierung von Schattenbildern, eine Art „zeichnender Ausgrabung“, bei der die Schatten der Steine aus mit Ruß bedecktem Papier herausgearbeitet werden. Die in diesem Band versammelten Beiträge von Claudia Blümle, Angela Strauß und Felix Sattler kontextualisieren die Arbeit von Oliver Thie kunsthistorisch, wissenschaftshistorisch und museumswissenschaftlich. Die Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung Oliver Thie: Die Wahrheit über den Ursprung der Welt im Tieranatomischen Theater, 1. Oktober – 30. Dezember 2020.
Sattler, Felix und Oliver Thie (Hrsg.): Oliver Thie: Die Wahrheit über den Ursprung der Welt Mit Beiträgen von Claudia Blüme, Angela Strauß und Felix Sattler Erscheinungsdatum: 1. Oktober 2020. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin 44 Seiten, vollfarbig, Umschlag Handsiebdruck mit Lampenruß auf Pergamyn 1. Auflage 800