In Vorbereitung des Master-Studiengangs zur Kulturtechnik des Kuratierens lehrt Vize-Direktor Daniel Tyradellis im Wintersemester 2023/24 wöchentlich in der mechanischen Arena im Foyer des Humboldt Forums. Gemeinsam mit HU-Studierenden, Mitarbeiter:innen des Hauses und allen interessierten Besucher:innen werden die Potenziale des Themas „Familie – ein soziales Konstrukt“ für das Humboldt Forum diskutiert und kuratorische Ideen entwickelt.
Nur wenigen Insidern würde sich das Objekt des Monats Oktober sofort erschließen. Das Modell eines zweischaligen Hyperboloids befindet sich in Adlershof, genauer gesagt im Institut für Mathematik und gehört zur dortigen Mathematischen Modellsammlung. Die Verbindung zur Universität reicht allerdings viel tiefer. Die Vorlage für das Modell entstand aus der Lehr- und Forschungstätigkeit des Instituts. Auch wenn das Modell nicht vollständig ist, so demonstriert es genau deshalb sehr schön den Grundgedanken einer Lehrsammlung, der in der Nutzung in der akademischen wie auch schulischen Lehre zu sehen ist. Deshalb bekommen die Objekte im Laufe ihrer Zeit Gebrauchsspuren oder gehen manchmal eben auch kaputt, auch wenn sie meist sehr robust für das Anfassen konstruiert sind. Aber der Reihe nach.
Exemplar des zweischaligen Hyperboloids der Firma Stoll (Nr. 224) in der mathematischen Modellsammlung in Adlershof. Die obere Schale fehlt, was auf die häufige Nutzung des Objektes hinweist (Foto: Robert Pässler, TU Dresden).
Das zweischalige Hyperboloid, eine geometrische Form in der Mathematik, ist eine Fläche zweiter Ordnung. Um sich daraus einen Körper zu denken, rotiert man eine Hyperbel um ihre Hauptachse. Dabei entstehen zwei getrennte Flächenstücke (im Modell als Körper), wobei im Falle des Berliner Modells das obere Flächenstück (der obere Körper) fehlt. Die Skizze in Abbildung 2 aus Meyers Großes Konversations-Lexikon von 1905 zeigt ein zweischaliges Hyperboloid mit den Achsen, wobei die im Bild dargestellte senkrechte Achse die Hauptachse ist.
Meyers Großes Konversations-Lexikon von 1905 zeigt ein zweischaliges Hyperboloid mit gedachten Achsen.
Interessant ist der Ursprung dieses Modells. Hergestellt wurde es von der Firma Rudolf Stoll K.G. Berlin. Sie befand sich in der Oderbruchstraße 8-14, also im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Die Firma übernahm nicht nur die Herstellung, sondern auch den Vertrieb der Lehrmodelle.
Entwickelt wurden die Lehrmittel am II. Mathematischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin unter Leitung von Professor Dr. Kurt Schröder (1909–1978). Er hatte den Lehrstuhl für Angewandte Mathematik inne und war auch Direktor des Instituts. In der ersten Hälfte der 1960er Jahre war er zudem Rektor der Humboldt-Universität.
Die Modelle der Firma Stoll lassen sich in einer Entwicklungslinie mit den seit den 1880er Jahren hergestellten mathematischen Modellen von Brill, Schilling und Wiener betrachten. Sie erschienen in einer Zeit, als ihr Einsatz in der mathematischen Lehre bereits durch andere Medien erfolgte. Trotzdem wurden sie hergestellt und vertrieben, und darüber hinaus auch regelmäßig eingesetzt.
Das beschrieben Modell im Katalog "Lehrmodelle für Mathematik" der Rudolf Stoll K.G. Berlin No. 18 (Quelle: SLUB Dresden).
Spuren der Firma Stoll finden sich heute nur wenige. Bis auf die in einigen mathematischen Sammlungen anderer Universitäten (z.B. TU Dresden oder Universität Marburg) nachweisbaren Modelle, existiert noch der Katalog „Lehrmodelle für Mathematik“ der Rudolf Stoll K.G. Berlin No. 18, der dreisprachig in Deutsch, Englisch und Französisch erschien. Gegliedert sind die dort gezeigten Modelle in Lehrmittel für Elementarmathematik, für Geometrie und für Analysis. Unser Modell findet sich unter der Nummer „Modell 224/114“ mit dem Hinweis, dass „ein zweischaliges Hyperboloid“ gezeigt wird. Das Gewicht beträgt 2 Kilogramm. Die Maße sind 20 x 16 x 30 cm.
In diesem Zusammenhang ist noch erwähnenswert, dass solche Verkaufskataloge keine klassischen Sammelobjekte von Bibliotheken sind. Sie sind deshalb sehr rar und oft nur durch Zufall erhalten. Die Preisliste zum Katalog der Firma Stoll ist nicht digital zu finden. Ob sich irgendwo ein Exemplar erhalten hat, wissen wir nicht.
Gesa Grimme und Sarah Elena Link, beide Mitarbeiterinnen der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland (HZK), diskutieren über wissenschaftliche Sammlungen im allgemeinen und ihren teilweise problematischen, imperialen Entstehungskontexte. Das Podiumsgespräch, an dem außerdem die Kunsthistorikerin Jo Vickery (Princeton/Berlin) sowie die Literaturwissenschaftlerin Birgit Neumann (Düsseldorf) teilnehmen, findet im Rahmen des Forschungsprojektes „Afterlives of Empire – Encounters of Art and Academia“ statt, das von Gesa Stedman (HU) initiiert wurde.
Kunststudierende aus Oxford und Berlin haben den Lichthof Ost in ein gemeinsames Atelier verwandelt, bevor er wieder zu einem Ausstellungsraum gemacht wurde, in dem die Auseinandersetzung der Künstler:innen mit mehreren wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität sowie Berliner Museen gezeigt wird. Sie haben insbesondere mit dem Lautarchiv, der geographischen Sammlung und der Winckelmann-Sammlung gearbeitet und sich damit einem neuen Verständnis des kolonialen Erbes an der HU und in Berlin angenähert.
Die Podiumsdiskussion findet am 10. September um 18:30 Uhr im Lichthof Ost des Hauptgebäudes der HU statt.
Alia Rayyan: Praxis der Risse – eine trans- und interdisziplinäre Untersuchung sozial engagierter Kunstinterventionen in Ost-Jerusalem, erschienen im Sammelband „Double bind postkolonial. Kritische Perspektiven auf Kunst und Kulturelle Bildung“, herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat.
Alia Rayyan befasst sich in diesem Beitrag mit Fragen zur Anwendung von sozial engagierter und partizipatorischer Kunst als emanzipatorische Kunstform im öffentlichen Raum unter Berücksichtigung spezifischer lokaler Bedingungen. Basierend auf ihrer trans- und interdisziplinären Untersuchung, um Erfahrungen als Kuratorin von sozial engagierten Kunstinterventionen in Ost-Jerusalem in eine theoretische Diskussion zu übersetzen, werden gesammelte Herausforderungen und alternative Ansätze mit angewandten, kanonisierten Theorien der partizipatorischen Kunstpraxis und deren Terminologien kontrastiert. Das Ergebnis ist eine Diskussion, die soziologische Ansätze, Überlegungen aus der Kunstwissenschaft, der Erinnerungswissenschaft, der politischen Ideengeschichte sowie der Postcolonial Studies miteinander verbindet, ohne dabei den double bind der Autorin aus den Augen zu verlieren.
Double bind postkolonial. Postkoloniale Perspektiven im Kunstbetrieb und in der Kulturellen Bildung – Sammelband – herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat.
Double bind postkolonial. Postkoloniale Perspektiven im Kunstbetrieb und in der Kulturellen Bildung – Sammelband – herausgegeben von María do Mar Castro Varela und Leila Haghighat. transcript Postcolonial Studies
Die Beiträge des Bandes beleuchten die Verantwortung der Kunst und Kunstvermittlung aus einer explizit postkolonialen Perspektive. Der Fokus liegt dabei auf dem »double bind«, der das Feld durchzieht und sich äußert in einer dilemmatischen Position zwischen Subversion und Affirmation. Dabei werden sowohl diskriminierende Praxen im Feld entlarvt als auch eine (auto-)kritische Theorieentwicklung vorangetrieben.
Mit Beiträgen von Gayatri Chakravorty Spivak, Nikita Dhawan, Ruth Sonderegger, Hayat Erdoğan, Aicha Kaleko, Sandra Babli, Joy Kristin Kalu, Anja Quickert, Thu Hoài Tran, Sruti Bala, Sab Naq, Tasnim Baghdhadi, Alia Rayyan, Carla Bobadilla, Carmen Mörsch, Mai-Anh Boger, Nina Simon, Nicole Suzuki, Rajkamal Kahlon
Das internationale Kulturprojekt Mindscapes endet mit der Publikation ‘Das resonante Museum’, einem Booklaunch im Gropius Bau und dem Launch seines Online-Archivs.
Nach zwei Jahren Projektlaufzeit endet das internationale Kulturprojekt Mindscapes. Finanziert vom britischen Wellcome Trust beschäftigte sich das Projekt mit der Frage, wie Kultur zu einer Veränderung beitrage kann, wie mentale Gesundheit verstanden und definiert wird, wie damit umgegangen wird, und über sie gesprochen wird. In enger Kooperation mit dem Gropius Bau wurde das Projekt am HZK kuratorisch und wissenschaftlich von Dr. Margareta von Oswald betreut.
Abschließend erscheint die Publikation ‘Das resonante Museum. Berliner Gespräche über mentale Gesundheit’ im Verlag der Buchhandlung Franz und Walther König auf deutsch und englisch.
Die Grundlage für dieses Buch ist das Gespräch über mentale Gesundheit. Die Gespräche sind eine Momentaufnahme aus den Jahren 2021 und 2022 in Berlin. Personen aus Wissenschaft, Kultur, Politik und aktivistischen Kontexten äußern sich und zeigen auf: Wenn über mentale Gesundheit gesprochen wird, wird über Gesellschaft gesprochen. Diese Gespräche entstanden im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Gropius Bau und Mindscapes, dem internationalen Kulturprogramm zum Thema mentale Gesundheit von Wellcome. Einleitende Texte diskutieren Öffnungsprozesse im Museum, und stellen die Frage, wie Museen zu gesellschaftswirksamen Orten werden können.
Außerdem haben wir in den letzten Monaten intensiv am internationalen Archiv des Projekts gearbeitet. Dieses ist nun online verfügbar auf www.mindscapes.community
Anklagend, schockierend, melancholisch – das großformatige Bild von Annemirl Bauer ist ausdrucksstark. Von den Augen einer mittig platzierten Frauenfigur, in Häftlingskleidung auf einer Kiste kauernd, gehen Strahlen zu beiden Seiten des Bildes aus. Links steht eine Reihe nackter Frauen mit hochhackigen Schuhen in Reih und Glied, die Vorderste streckt die bewaffnete Hand aus. Hinter ihr sind weitere Figuren, z. T. mit übergroßem Phallus. Die Pistole weist auf die rechte Bildseite mit einer aus Krücken gekreuzigten Frauenfigur, aus deren Schoß Blut strömt. Eine männliche Armee, in Köpfen angedeutet am unteren rechten Bildrand ist mit der Anrufung der Dreifaltigkeit beschrieben. Die düsteren, gewaltsamen und sexualisierten Bildszenen werden nur ganz am rechten Bildrand konterkariert durch eine im goldenen Lichtschein stehenden Mutter mit Kind, allen Anfeindungen zum Trotz aufrecht und ruhig dastehend.
Der Titel „Männliche Herrlichkeit Gottes“, im Bild präsent durch Schriftzeichen am Himmel bzw. auf einer Rakete, verweist ebenso auf die (von Männern verübten) Schrecken des Krieges und der Gewalt wie auf die Rollen der Frau – als Opfer, als Täterin, als Mutter
Annemirl Bauer, Männliche Herrlichkeit Gottes, Öl/ Teppich, 208 x 246 cm, 1988
Seit 2018 hängt das Bild als eines der wenigen in der Öffentlichkeit noch präsenten Werke von Annemirl Bauer in der Humboldt-Universität. Die streitbare Malerin, selbst von der Stasi überwacht, aus dem Künstlerverband der DDR ausgeschlossen und mit nachfolgendem Arbeitsverbot belegt, setzte sich immer wieder mit feministischen Themen auseinander. Die „Männliche Herrlichkeit Gottes“ lässt sich darüber hinaus ganz konkret mit dem Wehrpflichtgesetz für Frauen in der DDR, den „Frauen für den Frieden“, aber auch mit der in der Bundesrepublik inhaftierten Feministin Ingrid Strobl in Verbindung bringen.
1982 wurde ein neues Wehrdienstgesetz erlassen, das auch Frauen im Mobilmachungsfall zur Landesverteidigung herangezogen hätte. Dagegen haben 150 Frauen in einem gemeinsamen Plädoyer an Erich Honecker protestiert: „Wir Frauen wollen den Kreis der Gewalt durchbrechen und allen Formen der Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung unsere Teilnahme entziehen. […] Wir Frauen verstehen die Bereitschaft zum Wehrdienst als eine Drohgebärde, die dem Streben nach moralischer und militärischer Abrüstung entgegensteht und die Stimme der menschlichen Vernunft im militärischen Gehorsam untergehen läßt.“ (Eingabe zum Wehrdienstgesetz an den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, 12. Oktober 1982) Dieser pazifistischen Kritik folgte eine Welle von Vernehmungen durch die Staatssicherheit, Einschüchterungen und Verhaftungen – bspw. auch der politisch aktiven Malerin und Hauptunterzeichnerin Bärbel Bohley, die ebenso wie Annemirl Bauer im Verband Bildender Künstler der DDR organisiert war, aus dessen Bezirksvorstand sie 1983 ausgeschlossen wurde.
Ingrid Strobl wiederum, eine österreichische Journalistin, die von 1979 bis 1986 Redakteurin der Zeitschrift Emma in Köln war, wurde 1987 als Terrorismusverdächtige in Untersuchungs- bzw. Isolationshaft genommen. Sie war dabei gefilmt worden, wie sie einen Wecker kaufte, der vom BKA präpariert worden war und 1986 beim Anschlag auf das Verwaltungsgebäude der Lufthansa in den Überresten einer Bombe identifiziert werden konnte. Der Anschlag gegen die Lufthansa, verübt von der Organisation „Revolutionäre Zellen“, hatte ebenfalls einen feministischen Hintergrund und zielte auf den Sextourismus („staatlichen Rassismus, Sexismus und das Patriachat“, wie die Revolutionären Zellen selbst angaben, vgl. Ingrid Strobl: Vermessene Zeit. Der Wecker, der Knast und ich, Hamburg 2020). Strobl erhielt nach ihrer Verhaftung öffentliche Solidarität.
Auch ohne die Kenntnis dieser historischen Hintergründe wirkt das Werk von Annemirl Bauer durch seine offensive Bildsprache, die auch mit religiösen Motivzitaten spielt. Trotz aller Kritik – insbesondere auch gegen die Ablehnung von Annemirl Bauer immer wieder geforderten Reisemöglichkeiten „mit Wiederkehr“ – war die Künstlerin keine Dissidentin und wollte die DDR nicht verlassen. Die gesellschaftlichen und politischen Strukturen verändern, das war zeitlebens ihr Kampf, den sie kurz vor dem Mauerfall im Sommer 1989 durch ihren frühen Tod verlor. Seit 2010 erinnert ein nach ihr benannter Platz in Friedrichshain am Bahnhof Ostkreuz an die streitbare Künstlerin.
Besonders bedeutsam: Die drei Platten galten bis dato in Berlin als Verlust; es existierten bislang auch keine Digitalisate. In Oslo wurden Digitalisate angefertigt und ebenfalls dem Lautarchiv übermittelt. Die Schellackplatten waren von dem Begründer des Lautarchivs Wilhelm Doegen (1877–1967) oder von dem Göttinger Iranist Friedrich Carl Andreas (1846–1930) an den norwegischen Indo-Iranist Georg Morgenstierne (1892–1978) verliehen worden. Über den Nachlass Morgenstierne gelangten sie in die norwegische Nasjionalbiblioteket.
Auf den Platten befinden sich die Stimmen von Ábdil Kadír Khan, Beidullah Khan und Shahdad Khan (Afghanisch und Belutschi).
Die Platten wurden mit offizieller Genehmigung des norwegischen Ministeriums und einer schriftlichen Erklärung der Nasjionalbibliotekek nach Berlin gebracht.
Das Lautarchiv bedankt sich insbesondere bei Johanne Ostad, Bente Granrud und Włodek Witek von der Osloer Nasjionalbiblioteket.
Für das Objekt des Monats August haben wir uns für das Diagramm des Niederschlagsverlaufs in Berlin-Dahlem für das Jahr 2022 (Abb. 4) entschieden, was stellvertretend für die tägliche Wetterbeobachtung steht und darüber hinaus die Vielfalt der Forschung an der HU widerspiegelt sowie den Anschluss an aktuelle gesellschaftliche Debatten wie dem Klimawandel und Fragen der zukünftigen Ernährungssicherheit erlaubt. Es geht also um das einzige Thema, wo sich sicher jede und jeder stets eine Meinung bilden möchte: das Wetter.
Die Begriffe Wetter und Klima sollten auseinandergehalten werden. Wetter beschreibt den messbaren augenblicklichen Zustand der Atmosphäre, wogegen sich Klima eher als typischen wiederkehrenden jährlichen Ablauf des Wetters definiert, meist basierend auf 30jährigen Mittelwerten.
Mit Wetter wird meist Sonnenschein, Wind, Regen oder Temperatur in Verbindung gebracht. Das sind Größen, die messbar bzw. zählbar sind und insbesondere für die Landwirtschaft und damit für die Ernährung eine zentrale Rolle spielen. Und um das Messen bzw. Zählen auch professionell zu betreiben, gibt es feste Wetterstationen, die sich auch an der Humboldt-Universität befinden.
Die agrarklimatologische Wetterstation am landwirtschaftlichen Versuchsstandort in Berlin-Dahlem wurde 1931 eingerichtet. Die seitdem gemessenen Wetterdaten dienen zum einen für die Auswertung der landwirtschaftlichen Dauerversuche am Standort (Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Witterungsverlauf und Wachstum, Entwicklung sowie Ertragsbildung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen) und zum anderen für die Auswertung der unterschiedlichsten Feldversuche, die kurzfristiger angelegt sind. Die Daten stehen allen Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Auswertung ihrer Freilandversuche zur Verfügung.
Darüber hinaus geben die langjährigen Wetteraufzeichnungen einen Einblick in die klimatischen Veränderungen Berlins.
Abbildung 1: Wetterstation auf dem Gelände der Dauerfeldversuche des Departments für Nutzpflanzen- und Tierwissenschaften des Thaer-Instituts für Agrar- und Gartenbauwissenschaften in Dahlem. (Foto: O. Zauzig 2023)
Abbildung 2: Verlauf des Jahresmittels der Lufttemperatur (Ta) seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Dahlem.
Abbildung 3: Jahresniederschlagshöhe (Pa) im gleichen Zeitraum.
Die zwei Grafiken zeigen den Verlauf des Jahresmittels der Lufttemperatur (Ta) und der Jahresniederschlagshöhe (Pa) von 1931 bis 2022. Die Lufttemperatur hat in Berlin-Dahlem zwischen 1931 und 2022 signifikant um 1.8 °C zugenommen (1.78 K in 92 Jahren). Die Jahresniederschlagshöhe zeigt keinen signifikanten Trend, wobei im Jahr 2022 die bisher geringste jährliche Niederschlagshöhe von nur 338 mm (entspricht 338 Liter pro Quadratmeter) über das ganze Jahr verteilt gemessen wurde.
Abbildung 4: Verlauf der Niederschlagshöhe 2022, gemessen am Standort Dahlem.
Die Abbildung 4 zeigt, dass lediglich in 3 Monaten des Jahres (Februar, April, Dezember) die Niederschlagshöhe über dem langjährigen Mittel lag. Dies führte zu einem Jahresniederschlagsdefizit von 40 Prozent und somit zur geringsten Jahressumme von 337,8 Liter pro Quadratmeter seit Beobachtungsbeginn, im Jahr 1931. Mit nur 0,6 l/m² Niederschlag stellte der März 2022 ebenfalls einen Rekord auf, der durch die höchste bisher gemessene Sonnenscheindauer von 245,3 Stunden bedingt war.
Damit wurden im Jahr 2022 gleich vier Rekorde aufgestellt: höchste Sonnenscheindauer und geringste Niederschlagshöhe im März, geringste Jahresniederschlagshöhe seit 1931, höchste Zahl an „Wüstentagen“.
Das Wetter zu beobachten, bleibt weiterhin unsere Aufgabe.
Autoren: Prof. Dr. Frank-M. Chmielewski und Dr. Oliver Zauzig
Als interdisziplinäres Zentralinstitut (ZI) der Humboldt-Universität hat das HZK die Aufgabe, neben Forschung und Lehre die Third Mission als neue Kernkompetenz innerhalb der Universität zu etablieren. Hierzu zählt das transdisziplinär orientierte Kompetenzfeld „Wissensaustausch mit der Gesellschaft“, das die Humboldt-Universität im Ganzen stärker an einem bi-direktionalen Vermittlungsverständnis orientiert. Wissenschaftliche Ergebnisse sollen nicht nur in die Gesellschaft hineingetragen, sondern in konkreten Formen der Begegnung ein direkter Austausch von divers verstandenem Wissen erprobt werden.
Um die seit der Jahrtausendwende gewonnenen Forschungs-, Lehr- und Anwendungsergebnisse des HZK zu bündeln und für die Mitglieder der Gesamtuniversität zur zentralen Anlaufstelle im Bereich Wissensaustausch mit der Gesellschaft zu werden, widmet sich das ZI ab dem Sommer 2023 dem Mehrjahresthema „Die Elemente“ – aus Perspektive der Naturwissenschaften ein unscharfer, aus Perspektive der Geisteswissenschaften ein historischer Begriff.
Elemente wie Erde, Feuer, Wasser oder Luft spielen in den Alltagsvorstellungen eine selbstverständliche Rolle – und stellen darin nicht zuletzt eine Brücke dar zwischen den verschiedensten Fachdisziplinen und Wissenstraditionen. So lässt sich „Erde“ ebenso aus geopolitischer Perspektive, als biologischer Nährboden („Muttererde“) oder auch geschichtlich versehrter Lebensraum („verbrannte“ Erde) fassen, wie auch hinsichtlich des technisch-innovativen Potenzials von „Seltenen Erden“ oder der Ertragssteigerung durch Düngungen und tiefgehende Eingriffe in die Landschaftsgestalt, sei es durch Bauten, Erderuptionen oder Erosionen.
Verschiedene Forschungs- und Vermittlungsformate werden die damit verbundenen inter- und transdisziplinären Kollaborationen erproben. Das im Humboldt Forum angesiedelte Humboldt Labor, Teil des HZK und eine der zentralen Bühnen der Humboldt-Universität, wird mit einem Teaser zur Gesamtreihe „Die Elemente“ starten, bevor es sich dann in den darauffolgenden Jahren den einzelnen Elementen widmet und laufend Ergebnisse der Forschungen präsentiert.
Zwischen HZK-Zentrumsrat und „Centralkomitee“: Daniel Tyradellis beim Arbeitstreffen im Hamburger Centralkomitee mit Michel Abdollahi und seinem Team.
Das Centralkomitee in Hamburg ist eine experimentelle Bühne zwischen Stand-Up und Kabarett, die sich zukünftig auch im Grenzbereich von Wissenschaftsproduktion und gesellschaftlichem Dialog erproben möchte: Third Mission at its best. Das Helmholtz-Zentrum ist als bevorzugter Tanzpartner gerne dabei!